20.09.2012

Harmonie #03 - Vom Ton zum Klang

Musik wird oft nicht schön gefunden,
weil sie stets mit Geräusch verbunden.
Wilhelm Busch

Im ersten Post habe ich etwas darüber berichtet, wie eine Luftschwingung zu einem Ton wird. Ein Ton ist damit aber noch lange nicht musikalisch. Auch ein Presslufthammer erzeugt Töne. Aber andererseits ist es jedem Komponisten oder überhaupt Musiker selbst überlassen, welche Töne er passend für seine Musik empfindet. Denn schließlich kann man auch das Knattern eines Presslufthammers musikalisch verwerten.

Ich möchte hier auf keinen Fall eine Wertung treffen, wie: Harmonie = gut, Disharmonie = schlecht, Geräusche = Krach. Musik lebt von dem Spannungsbogen zwischen Harmonie und Disharmonie. Das Eine gibt's nicht ohne das Andere. Man könnte auch sagen: Disharmonie = leicht, Harmonie = schwer. Das ist zwar in soweit richtig, dass zum Erzeugen von Harmonie bestimmte Regeln eingehalten werden müssen (wie im richtigen Leben). Aber Disharmonien gezielt musikalisch einzusetzen ist genauso schwer, denn auch hierfür gibt es Regeln.

Die Mutter aller Wellen


Eine Schallwelle bzw. ein Ton oder Klang lässt sich in Bestandteile zerlegen. Diese Bestandteile sind sogenannte »Sinustöne« oder »Sinuswellen«. Sie sind die einfachsten Formen aller Wellen und sie lassen sich nicht weiter zerlegen. Alle Töne sind aus solchen Sinuswellen aufgebaut.

   Sinuston

Die Sinuswellen, aus denen ein Ton besteht, addieren sich zusammen zu einem Klang. Reine Sinustöne kommen in der Natur eigentlich nicht vor (man kann sie aber elektronisch erzeugen), der Kang einer Flöte (oder einer Stimmgabel) kommt dem noch am nächsten. Sinuswellen treten fast immer gemeinsam mit anderen Sinuswellen auf und deren unterschiedliche Kombinationen machen den spezifischen Klang eines Instruments aus.

Die verschiedenen Sinustöne eines Klangs nennt man »Teiltöne« oder »Partialtöne«. Der tiefste dieser Teiltöne – also der mit der niedrigsten Frequenz – ist der »Grundton«. Auf seine »Grundfrequenz« werden alle anderen Teiltöne bezogen.

Der Begriff »Grundton« steht hier in physikalischem Zusammenhang. In musikalischem Zusammenhang bedeutet »Grundton« etwas anderes (aber ähnliches – dazu in einem späteren Post mehr).

Obertöne


Nun gibt es ganz bestimmte Teiltöne, deren Frequenz – also Tonhöhe – ein ganzzahliges Vielfaches der Grundfrequenz ist. Das heißt anders ausgedrückt: Das sind die Wellen, von denen mehrere gleiche exakt in die Wellenlänge des Grundtons hineinpassen. Diese ganzzahligen Teiltöne sind besonders wichtig und man nennt sie »Obertöne« oder »die Harmonischen«.

Ein Beispiel:
Der Grundton eines Klangs hat eine Grundfrequenz von 440 Hz.
Dann sind die Obertöne diejenigen mit ganzzahligem Vielfachen von 440 Hz:
1. Oberton: 2 · 440 Hz = 880 Hz, es passen genau 2 Wellen in die des Grundtons
2. Oberton: 3 · 440 Hz = 1320 Hz, es passen genau 3 Wellen in die des Grundtons
3. Oberton: 4 · 440 Hz = 1760 Hz, es passen genau 4 Wellen in die des Grundtons
4. Oberton: 5 · 440 Hz = 2200 Hz, es passen genau 5 Wellen in die des Grundtons
usw.
n-ter Oberton = (n+1) · 440 Hz
(Der Faktor 2, 3, 4... ist immer 1 höher als die Nummer des Obertons 1., 2., 3.)

   Die ersten 19 Obertöne (alle gleich laut)

Warum sind diese Teiltöne so wichtig? Unser Gehirn ist faul und rechnet nicht gern kompliziert. Es ist einfacher durch 2 zu teilen als durch 7 oder gar 3,756812. Die einfachen Dinge empfindet unser Gehirn als angenehm und harmonisch. Deshalb empfindet es auch den 2. Oberton harmonischer als den 7.



Torten teilen...


Du kannst das daran nachvollziehen, indem du dir vorstellst, wie leicht oder schwer es einem fällt, eine Torte in gleich große Stücke zu teilen:
  • Sie in 2 Stücke zu teilen ist ganz einfach.
  • In 3 Stücke zu teilen ist schon etwas schwieriger.
  • Das Teilen in 4 Stücke ist wieder etwas einfacher, liegt also zwischen 2 und 3.
  • 5 Stücke ist nicht mehr so einfach.
  • 6 ist wieder einfacher als 5.
  • 7 ist schon schwierig.
  • 8 wieder ziemlich einfach usw.
Wenn wir das so hintereinander schreiben, dass wir mit dem Einfachsten beginnen, erhalten wir die Reihe 2, 4, 8, 3, 6, 5, 7,... Und genau so empfinden wir auch: Der Oberton mit dem Faktor 2 (also der 1. Oberton) ist am harmonischsten zu seinem Grundton und dann wird es Schritt für Schritt weniger harmonisch: Faktor 4, 8, 3 usw.

...und zusammenfügen


Die Wellen des Grundtons und der Obertöne addieren sich zu einer neuen Wellenform, deren Frequenz die des Grundtons ist. Dabei können die Wellen der einzelnen Teiltöne auch gegeneinander verschoben sein. Das ändert den Klang nicht – zumindest nicht, solange sich das Maß der Verschiebung nicht während des Klangs ändert.



Obertonspektrum


Das »Obertonspektrum« macht den Klang eines Instruments aus. Der einer Flöte ist hat wenig Obertöne, der einer akkustischen Gitarre mehr. Ein Posaunenklang hat viele Obertöne, man sagt ein »reiches Obertonspektrum«. Das Obertonspektrum hat aber auch großen Einfluss darauf, wie harmonisch wir zwei Töne empfinden, die zusammen erklingen. Umso mehr gleiche Grund- und Obertöne sie haben, desto harmonischer klingen sie zusammen.

Obertonspektren von typischen Synthesizer-Tonerzeugern (Oszillatoren):

Die Dreieckwelle ist sehr obertonarm und kommt damit einer Sinuswelle sehr nahe.





Die Sägezahnwelle enthält alle Obertöne, die zu den Höhe hin immer schwächer werden.





Die Rechteckwelle enthält nur jeden zweiten Oberton.






Nicht-harmonische Teiltöne


Teiltöne, die in keinem ganzzahligen Verhältnis zum Grundtons stehen, sind gar nicht mehr harmonisch. Aber auch solche kommen durchaus in Instrumenten-Klängen vor. Ein Gong erzeugt beispielweise neben den harmonischen Obertönen auch eine ganze Reihe Teiltöne, die nicht harmonisch sind, aber ganz spezifisch für den Klang eines Gongs.

Auch die Zeit spielt eine Rolle


Die Teiltöne eines Klangs sind nicht alle gleich laut. Manche treten schwächer hervor, manche stärker, sogar manchmal stärker als der Grundton. Manche sind gar nicht vorhanden. Oft ist es allerdings so, dass die Teiltöne umso leiser sind, desto weiter sie vom Grundton entfernt sind.

Außerdem verändert sich das Obertonspektrum während der Klang erklingt. Die Teiltöne verklingen unterschiedlich schnell. Die hohen Teiltöne, die das Anreißen einer Gitarrensaite erzeugt, verklingen im Bruchteil einer Sekunde, während der eigentliche Ton – das sind hier Grundton und die weniger hohen Obertöne – langsam verklingt.

Geräusche


Neben den harmonischen Obertönen und den nicht harmonischen Teiltönen gibt es außerdem noch Geräusche. Auch sie setzen sich im Prinzip aus Sinuswellen zusammen, aber diese verändern sich so schnell und mehr oder weniger zufällig, dass wir keinen Ton empfinden. Das neutralste Geräusch ist ein sogenanntes »weißes Rauschen«. Das ist ein rein zufälliges Wellenmuster. Es gibt auch »rosa Rauschen« und »rotes Rauschen«, bei denen die Lautstärke zu den hohen Frequenzen hin unterschiedlich stark abnimmt.


Weißes Rauschen


Vom Weißen über Rosa bis Rotes Rauschen

Auch Geräusche gehören zum Klang, wie etwa das Geräusch des Anblasens einer Flöte. Auch das Zischen eines Beckens gehört mit dazu genauso wie die Verzerrungen bei einer verzerrten Gitarre – eigentlich auch das Klappern der Klaviertasten. Viele Schlag- und Percussion-Instrumente machen hauptsächlich Geräusche.

Bestandteile eines Klangs


Halten wir nun also fest, wir haben vier Bestandteile, aus denen sich ein Klang zusammensetzt: 

•  Grundton
•  harmonische Obertöne
•  andere, nicht harmonische Teiltön
•  Geräusche

Schwebungen


Wenn man zwei exakt gleiche Sinustöne gleicher Lautstärke zusammen spielt, ist es nicht gesagt, dass sich damit die Lautstärke verdoppelt. Das ist nur dann der Fall, wenn die beiden Wellen auch exakt gleichzeitig beginnen oder, anders ausgedrückt, im Diagramm exakt gleichzeitig die Nulllinie in der gleichen Richtung kreuzen. Man sagt, dass die Wellen »gleichphasig« sind oder die gleiche »Phasenlage« haben. In allen anderen Fällen ist es leiser, weil sich ein Teil der beiden Wellen gegenseitig auslöscht. Das geht soweit, bis man gar nichts mehr hört, wenn die beiden Wellen zwar wieder exakt gleichzeitig die Nulllinie kreuzen aber in verschiedener Richtung. (Dann kommt beim Addieren der beiden Wellen nämlich immer Null heraus.) Dann haben sie entgegengesetzte Phasenlagen.

Wenn man einen von zwei gleichen Tönen ein wenig verstimmt, entsteht eine sogenannte »Schwebung«. Man hört, wie sich der Klang periodisch verändert. Das liegt daran, dass auch hier Teile der beiden Wellen sich manchmal gegenseitig verstärken und manchmal gegenseitig auslöschen. Das ändert sich allerdings periodisch.

Auf der Abbildung hat die blaue Welle eine etwas höhere Frequenz als die grüne. Zuerst beginnen beide Wellen in gleicher Phasenlage, doch mit der Zeit verschiebt sich die Phasenlage der einen Welle zur anderen, weil sie ja nicht exakt gleich lang sind. Die Phasenlage verschiebt sich solange, bis sie entgegengesetzt ist. Dann kehr sich das Ganze um, bis die Wellen wieder gleiche Phasenlage haben. Das Ganze beginnt von vorn und als Ergebnis entsteht die orangefarbene Welle.

Die Geschwindigkeit der Schwebung wird durch die Differenz der Frequenzen der beiden Töne bestimmt. Wenn beide Töne exakt gleich sind, ist die Differenz null und man hört keine Schwebung. Wenn man nur ein klein wenig verstimmt, ist die Schwebung zuerst langsam. Sie wird aber immer schneller, je weiter man verstimmt.

   Verstimmen zweier Sinuswellen

Bei Sinuswellen hört man deutlich das Laut- und Leiserwerden der Schwebung. Wenn mann dagegen zwei Sägezahnwellen gegeneinander verstimmt, gibt es kaum eine Änderung in der Lautstärke. Stattdessen verändert sich der Klang. Das liegt daran, dass auch die Obertöne verschoben werden, allerdings jeder in einem anderen Frequenzverhältnis. Dadurch kommt es nicht mehr zu Komplett-Auslöschungen, sondern nur zu Auslöschungen einzelner Obertöne. Bei Keyboard und Gitarre kennt man das als »Chorus-Effekt«.

   Verstimmen zweier Sägeszahnwellen

Irgendwann wird es schneller als man wahrnehmen kann und man hört ein unsauberes, unharmonisches Brummen. Das Brummen liegt daran, dass die Schwebung selbst zu einem wahrnehmbaren Ton wird, wenn sie schneller als 20 Mal pro Sekunde ist. Denn dann tritt sie mit 20 Hz von unten in den Hörbereich unseres Ohres ein und wird als tiefer Ton hörbar. In den meisten Fällen steht dieser Ton aber in keinem harmonischen Verhältnis zu den beiden anderen Tönen. Der Gesamtklang wird rauh und unsauber – es klingt schief.

Obertöne in der Praxis


Es gibt musikalische Richtungen, in denen es besonders auf Obertöne ankommt, z.B. Obertonsingen, bei dem man bestimmte Obertöne durch die Form des Mundes und der Zunge verstärkt. Auch beim australischen Didgeridoo kommt es auf die Obertöne an. Im musikalischen Zusammenhang, insbesondere im gesanglichen, nennt man Obertonspektren auch oft »Formanten«.

Bei vielen Blasinstrumenten, sind die Obertöne noch auf ganz andere Weise wichtig. Durch verstärktes Hineinblasen springt der Ton sozusagen die Obertonreihe hinauf. Man nennt das »Überblasen«, Obertöne nennt man in diesem Zusammenhang auch »Naturtöne«. Manche Töne können insbesondere auf Hörnern, Trompeten und Posaunen nur auf diese Weise gespielt werden.

Auch im Zusammenspiel – z.B. in einer Band – sollte man die Obertöne der verschiedenen Instrumente im Hinterkopf behalten, wenn man einen ausgewogenen Sound haben möchte. Zwei Intrumentensounds mögen zwar jeder für sich gut klingen und auch »von den Noten her« zueinander passen, dennoch können sie sich beißen, wenn ihre Obertonspektren nicht zusammenpassen.

Auch für Schwebungen sollte man ein empfindliches Ohr haben. Oft sind sie gewollt und machen den Sound voluminöser, es klingt als würden aus einer Stimme viele. Oft sind sie aber auch ungewollt. Ein verzerrte Gitarre klingt erst dann richtig straight, wenn sie auf die gespielte Tonart »rein« gestimmt wird. Zu viele Schwebungen machen den Sound matschig. Dazu muss die Gitarre aber umgestimmt werden, wenn man eine andere Tonart spielt. (Das ist mit ein Grund, warum manche Gitarristen mehrere Gitarren auf der Bühne stehen haben.)

Ende der Reihe


Die Obertonreihe hat zwar kein Ende – sie kriecht sozusagen der Unendlichkeit entgegen, da die Abstände immer kleiner werden –, sie ist aber dennoch begrenzt, und zwar durch unser Ohr. Irgendwann wandern die Obertöne nämlich aus dem Hörbereich hinaus. Daraus folgt, dass man in der letzten hörbaren Oktave keine Klänge mehr unterscheiden kann – höchstens noch an den mit dem Klang verbundenen Geräuschen.

Mit diesem Post werden wir uns von der Physik erst einmal verabschieden. Das nächste Post wird bald folgen, es ist schon fast fertig. Wir werden uns dort mit den Grundbausteinen der Harmonielehre beschäftigen: den »Intervallen«. Bis dahin viel Spaß und immer den rechten Oberton!
 

03.09.2012

Keyboard #04 - Akkord-Automatik

Keyboard Akkord-Automatik

Dein Keyboard besitzt eine Akkord-Automatik. Wenn sie eingeschaltet ist, wird die Tastatur automatisch geteilt. Wenn du den Splitpunkt nicht anders eingestellt hast (sh. Keybaord #03) ist er standardmäßig auf F#2 (Taste 54) eingestellt. Du hast also links 1½  Oktaven Platz für die Automatik.

Akkord-Automatik ein- und ausschalten:
{STYLE}  (STYLE CONTROL)  [ACMP ON/OFF]

Die Akkord-Automatik kann auf verschiedene Weisen benutzt werden: mit und ohne Begleit-Automatik.

Mit Begleit-Automatik


Wenn du links eine oder mehrere Tasten drückst, erklingt eine komplette Begleitung. Da es hier aber nicht um die Begleit-Automatik geht sondern um die Akkord-Automatik, hier nur kurz die wichtigsten Funktionen der Begleit-Automatik. (Das Thema folgt in einem späteren Post.)

Begleit-Automatik ein- und ausschalten (zusätzlich Akkord-Automatik einschalten):
{STYLE}  (STYLE CONTROL)  [START/STOP]

Sync-Start ein- und ausschalten (Begleitung automatisch starten, sobald du links zu spielen beginnst):
{STYLE}  (STYLE CONTROL)  [SYNC START]

Style der Begleitung auswählen:
{STYLE} <Style>

Geschwindigkeit einstellen:
[TEMPO/TAP]  <Geschwindigkeit>
Die Geschwindigkeit wird in Schläge pro Minute (BPM - beats per minute) angegeben. Sie kann – wenn  ich es recht verstanden habe – auch eingetappt werden, das heißt: du tippst [TEMPO/TAP] ein paar Mal in der gewünschten Geschwindigkeit an.

Ohne Begleit-Automatik 


Wenn du links eine oder mehrere Tasten drückst, erklingt ein ganzer Akkord. Wenn stattdessen die Begleit-Automatik startet, schalte sie erst einmal ab (siehe oben). Das Verständnis der hier beschriebenen Akkord-Automatik ist die Grundlage für später, wenn du mit Begleit-Automatik spielst.

Die Ein-Finger Akkord-Automatik


Diese Spielweise kennst du ja bereits.
• Du drückst den Grundton des gewünschten Akkords und er erklingt in Dur.
• Wenn du gleichzeitig die nächst tiefere schwarze Taste mitdrückst, erklingt ein Moll-Akkord.
• Ein sogenannter Dominant-Sept-Akkord erklingt, wenn du gleichzeitig die nächst tiefere weiße Taste drückst.
• Du kannst schwarz und weiß auch kombinieren und erhältst einen Moll-Sept-Akkord.

Das war's auch schon. (Bei Ein-Finger-Automati ist es übrigens günstig, das C und das C# nicht ganz links am Rand zu spielen, denn dort kann man nicht einfach Moll oder Sept daraus machen.) Es gibt aber noch viel mehr Akkorde und etliche davon kannst du auch über die Akkord-Automatik deines Keyboards spielen. Du solltest dich also mit und mit umstellen und die Ein-Finger-Automatik irgendwann nicht mehr benutzen.

Akkorde


Als Akkorde bezeichnet man es, wenn mehrere Töne zusammen erklingen. Das muss nicht unbedingt gleichzeitig sein, sie können auch hintereinander erklingen. Wichtig ist, dass sie in einem Zusammenhang stehen. Eigentlich ist es auch schon ein Akkord, wenn nur zwei Töne zusammen erklingen, aber man spricht normalerweise erst ab drei Tönen von einem Akkord.

Die einfachsten und wichtigsten Akkorde sind der Dur- und Moll-Dreiklang. Beide bestehen aus drei Tönen im Abstand von zwei Terzen, z.B. C-Dur: C - E - G. Von C nach E ist es eine große Terz, von E nach G eine kleine. Anders bei Moll, z.B. A-Moll: A - C - E. Von A nach C ist es eine kleine Terz, von C nach E eine große. Außerdem gibt es noch »verminderte« Akkorde aus zwei kleinen Terzen und »übermäßige« aus zwei großen. Also:

Dur: große Terz + kleine Terz
Moll: kleine Terz + große Terz
Vermindert: kleine Terz + kleine Terz
Übermäßig: große Terz + große Terz

Den tiefsten Ton der ersten Terz nennt man »Grundton«. Bei C - E - G ist beispielsweise C der Grundton, bei A - C - E ist es A.

Und dann gibt es auch noch Vierklänge. Die entstehen, wenn man einem Dreiklang noch einen weiteren Ton hinzufügt. Du kennst wahrscheinlich schon den Dominant-Sept-Akkord, z.B. G7. Er entsteht, wenn man einem G-Dur Akkord als weiteren Ton das F hinzufügt. (Der Abstand zwischen G und F ist eine Septime, deshalb Sept-Akkord.) Es gibt übrigens viel mehr Vierklänge als Dreiklänge.

Und bei jedem dieser Drei- und Vierklänge gibt es außer der beschriebenen »Grundform« noch zwei oder mehr sogenannte »Umkehrungen«. Eine Umkehrung entsteht, wenn man den untersten Ton wegnimmt und oben wieder ansetzt. Aus C - E - G wird dann beispielsweise E - G - C. Das ist dann die 1. Umkehrung. Das kann man nochmals machen, aus E - G - C wird dann G - C - E. Das ist dann die 2. Umkehrung. Eine weitere gibt es bei einem Dreiklang nicht, denn damit kommt man wieder bei der Grundform C - E - G an. Das Umkehren ändert übrigens nichts am Grundton des Akkords. Dieser wird immer über die Grundform bestimmt.

Akkord-Automatik mit gegriffenen Akkorden


Der Unterschied zur Ein-Finger-Automatik ist, dass du nicht mehr nur den Grundton und wenn nötig eine weitere »Hilfstaste« drückst, sondern stattdessen den ganzen Akkord – also mindestens drei Tasten.

Manche Keyboards muss man von Hand entsprechend schalten, ob man mit Ein-Finger-Automatik (»Single«) oder mit gegriffenen Akkorden (»Fingered«) spielen möchte. Einen solchen Schalter habe ich in der Bedienungsanleitung deines Keyboards nicht gefunden. Daher nehme ich an, dass es von selbst merkt, ob du gerade im Ein-Finger-System oder ganze Akkorde spielst. Du kannst also so oder so spielen, ohne etwas umschalten zu müssen.

Es gibt eine ganze Menge Akkorde – mehrere 100! – ürigens auch Fünf- und Nochmehr-Klänge. Aber wir sollten uns hier auf diejenigen beschränken, die dein Keyboard versteht und spielen kann. Und das sind auch schon ziemlich viele.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Wenn du mit der Akkord- oder Begleit-Automatik spielst, ist es eigentlich egal, welche Umkehrung du greifst. Die Automatik spielt trotzdem das Selbe – allerdings mit etlichen Ausnahmen: Manche Umkehrungen sind gar nicht erlaubt, weil sie von der Automatik anderen Akkorden zugeordnet werden. Auf der sicheren Seite bist du, wenn du alle Akkorde in der Grundform spielst. Das hat aber den Nachteil, dass du mit der linken Hand viel hin und her hüpfen musst. Deshalb solltest Du zumindest die wichtigsten Umkehrungen kennen, die sich oft einfacher greifen lassen. 

Aber Achtung: Das gerade Gesagte betrifft nur die Automatik. Wenn du ohne Automatik spielst, ist es unbedingt wichtig, welche Umkehrung eines Akkords du greifst!

Im Folgenden habe ich einmal aufgelistet, welche Akkorde dein Keyboard allein mit dem Grundton C bereits kennt. (Möglicherweise sind es auf deinem sogar noch mehr, ich habe das nur auf meinem Yamaha Keyboard ausprobiert). Diese Akkorde gibt es natürlich auch für die anderen 11 Grundtöne von C# bis H. Aber keine Angst! Du musst das nicht auswendig lernen, es steckt nämlich ein System dahinter.

Und hier das Ganze nochmals in Noten...

Anmerkung:
Du wirst in diesem Blog nicht allzu viele Noten sehen, denn erstens geht es hier nicht ums Notenlesen – obwohl das natürlich auch sehr wichtig ist! Zweitens ist das Meiste, was ich schreibe, unabhängig von bestimmten Tönen, es lässt sich also auf jede Tonart anwenden. Und drittens ist es für mich recht mühselig, das hier in Noten zu notieren.

C-Akkorde


Im Violinschlüssel sind in jedem Takt die Akkorde in der Grundform und in allen Umkehrungen notiert. Bei Dreiklängen gibt es nur die 1. und 2. Umkehrung, bei Vierklängen auch die 3.

Im Bassschlüssel sind die Akkorde so notiert, wie sie mit der Akkord-Automatk gegriffen werden können. Die Umkehrungen, die hier nicht angegeben sind (Pause-Zeichen), sind nicht möglich – manche gehen über den Splitpunkt F#2 der linken Tastaturhälfte hinaus, andere sind anderen Akkorden mit anderem Grundton zugeordnet.

Das da unten ist nun kein »Stück«, das du im 4/4-Takt nachspielen sollst. Suche Takt für Takt und Viertel für Viertel die im Violinschlüssel notierten Akkorde mit der rechten Hand, um festzustellen, aus welchen Tönen sie bestehen. Greife dann (bei eingeschalteter Automatik) den gleichen Akkord mit der linken Hand – nur zwei Oktaven tiefer, so wie im Bassschlüssel notiert. Beachte, dass die Vorzeichen # und b immer bis zum Ende des jeweiligen Taktes gelten. Höre genau hin, ob du die Töne der rechten Hand im Akkord der linken wiederfindest. Du kannst auch deutlich hören, wenn du links eine nicht erlaubte Umkehrung greifst.


Das System


Das System kannst du erkennen, wenn du dir die Grundformen der Akkorde in der Tabelle oben genauer anschaust.

Da gibt es zunächst immer einen Dreiklang als Basis. Das kann ein Dur- oder Moll-Dreiklang sein, aber auch andere. Man kann am Abstand der drei Töne voneinander die folgenden Formen unterscheiden. Zur Verdeutlichung gebe ich hier außer dem Namen der »Intervalle« (des Abstände), wie Terz oder Sekunde, auch den Abstand in Halbtonschritten an, wie du ihn in der Tabelle zwischen den Tönen abzählen kannst.
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• Dur-Akkord
große Terz (4 HT) + kleine Terz (3 HT) = Quint (7 HT)
Beispiel: C: C - E - G oder A: A - C# - E

• Moll-Akkord
kleine Terz (3 HT) + große Terz (4 HT) = Quint (7 HT)
Beispiel: Cm: C - Eb - G oder Am: A - C - E

• Akkord mit Sekund-Vorhalt
große Sekunde (2 HT) + Quart (5 HT) = Quint (7 HT)
Beispiel: Csus2: C - D - G oder Asus2: A - H - E

• Akkord mit Quart-Vorhalt
Quarte (7 HT) + große Sekunde (2 HT) = Quint (7 HT)
Beispiel: Csus4: C - F - G oder Asus4: A - D - E

• Verminderter Akkord
kleine Terz (3 HT) + kleine Terz (3 HT) = verminderte Quint (6 HT)
Beispiel: Cmb5: C - Eb - Gb oder Amb5: A - C - Eb oder Hmb5: H - D - F  (einziger mit nur weißen Tasten)

• Übermäßiger Akkord
große Terz (4 HT) + große Terz (4 HT) = übermäßige Quint (8 HT)
Beispiel: C+: C - E - G# oder A+: A - C# - F  (eigentlich A - C# - E#)
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Diese sechs Varianten musst du lernen, insbesondere die Abstände der Töne voneinander. Leider ergibt sich nicht von jedem Grundton aus das selbe Muster aus weißen und schwarzen Tasten. Aber das musst du sowieso lernen, wenn du auch mit der linken Hand spielen können willst.

Jetzt können wir die Dreiklänge zu Vierklängen erweitern, indem wir einen zusätzlichen Ton hinzufügen. Den Abstand dieses Tons messen wir immer vom Grundton des Dreiklangs aus. Da gibt es drei Varianten:
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• Mit zusätzlicher großer Sexte (9 HT)
geht bei: Dur, Moll und Vermindert
Beispiel: C6: C - E - G - A oder Cm6: C - Eb - G -A oder A6: A - C# - E - F# oder : C - Eb - Gb - A

• Mit zusätzlicher kleiner Septime: Sept-Akkord (10 HT)
geht bei: Dur, Moll, Quart-Vorhalt, Vermindert und Übermäßig (bei allem außer Sekund-Vorhalt)
Beispiel: C7: C - E - G - Bb oder Cm7: C - Eb - G - Bb oder A7sus4: A - D - E - G oder A7#5: A - C# - F - G

• Mit zusätzlicher großer Septime: Major-Sept-Akkord (11 HT)
geht nur bei: Dur und Moll
Beispiel: Cmaj7: C - E - G - H oder Cmmaj7: C - Eb - G - H oder Amaj7: A - C# - E - G# oder Ammaj7: A - C - E - G#

Außerdem gibt es noch eine Besonderheit:
• Dur-Sept-Akkord mit verminderter Quint
große Terz (4 HT) + große Sekunde (2 HT) + große Terz (4 HT) = kleine Septime (10 HT)
Beispiel: C7b5: C - E - Gb - Bb oder A7b5: A - C# - D# - G
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Hier das Ganze nochmals als tabellarische Übersicht



Schaue dir die Zusammenhänge auch in der C-Akkord-Tabelle an. Probiere, das System anhand von C nachzuvollziehen. Probiere auch andere Tonarten aus, z.B. A, F oder G. Die Tabelle kannst du übrigens hier als PDF-Datei downloaden: [Keyboard-04-C-Akkorde.pdf]

Tipps zum Üben


Das sind jetzt eine Menge Akkorde und wahrscheinlich ist es Neuland für dich. Ich empfehle dir, Schritt für Schritt vorzugehen und erst einmal die wichtigsten Akkorde zu lernen. Du kannst dich immer weiter voran tasten. Wenn du neue Stücke einübst, übe sie am besten direkt mit gegriffenen Akkorden.

Mache dir Notizen in deine Partitur, falls du einen Akkord in einer Umkehrung greifen musst (oder möchtest). Dafür gibt es sogar eine gängige Methode: Man schreibt mit einem Schrägstrich getrennt den tiefsten Ton dahinter, falls es nicht der Grundton sein soll. Man nennt das »Slash-Notation«. Ein Beispiel:
  • In deiner Partitur steht A7. In der Grundform wäre das A - C# - E - G.
  • Weil das in der Grundform gegriffen über den Splitpunkt hinaus geht, möchtest du die 3. Umkehrung greifen, mit dem G als tiefstem Ton, also G - A - C# - E.
  • Du ergänzt das in deiner Partitur zu A7/G.
Die Slash-Notation ist eigentlich dazu gedacht, aufschreiben zu können, wenn mit der rechten Hand ein Akkord gegriffen wird, mit der linken aber ein anderer Grundton, z.B. C/D: Rechts greife ich einen C-Dur-Akkord und links nur den Ton D (eventuell in einer Oktave gedoppelt). Wenn der Ton hinter dem Slash (Schrägstrich) bereits im Akkord vor dem Slash enthalten ist, wird damit die Umkehrung festgelegt. Ich denke, wir sollten auch Umkehrung im Akkord-Automat so aufschreiben, obwohl die Slash-Notation nicht für Automaten gedacht ist, aber so ist es eine einheitliche Form.

Wenn du die Akkorde systematisch einüben möchtest, kannst du hier noch eine PDF-Datei downloaden, in der die wichtigsten Akkorde in 10 Schritten aufgelistet sind: [Keyboard-04-Wichtige-Akkorde.pdf]